Regenbogendepeschen

Lange Zeit war eines meiner liebsten Projekte die Regenbogendepeschen. Im Juni 2010 habe ich hier den ersten Eintrag gepostet und bis Ende 2014 über 1000 Artikel veröffentlicht. Und obschon ich das Projekt nach fast fünf Jahren eingestellt habe, gibt es weiterhin News aus der translesbischwulen Welt: sie sind jetzt auf den Webseiten von gayRadio.ch und bsm-info.ch integriert.

Thema im ersten Post war der CSD in Zürich, der damals plötzlich erstmals als ‹Zurich Pride Festival› über die Bühne ging. Und ich machte mir etwas Sorgen. Bedeutet der neue Namen vielleicht etwa mehr Party und weniger Politik?

Gemäss Auskunft der Präsidentin des Festivals, Nathalie Schaltegger, sei nun eine neue, junge Crew am Werk, die mit dem neuen Namen zurück zu den Wurzeln des CSD wolle. Und versprach in diesem Zusammenhang, dass die Veranstaltung wieder politischer sein soll!

Mir war schon beim ersten Eintrag in meinem Blog klar, dass ich einseitig und parteiisch aus der translesbischwulen Welt berichten will. Und so wurde der Slogan ‹einseitig und parteiisch› auch Programm – was notabene offensichtlich auch sehr gut ankam. Schrieb mir doch mal Ruben Ott:

Ich muss schon endlich mal noch betonen, wie sehr mir doch das “einseitig und parteiisch” auf deinem Blog gefällt!

Warum eigentlich habe ich den Drang, mich regelmässig über translesbischwule Themen zu äussern? Die Antwort gibt der nachfolgende Text, den ich im September 2012 unter dem Titel «Die tägliche Empörung» geschrieben habe:

«In der schwulen Welt ist Empörung fast schon Dauerzustand», schreibt Rainer Hörmann in seinem Buch ‹Immer wieder samstags›. Dieser Satz hat sich in meinem Kopf festgesetzt. Denn auch ich brauche täglich meine Dosis Empörung, die ich dann auch in meinem Blog – zelebriere.

Oder weshalb gebe ich Meldungen, wie beispielsweise diese eines Arztes in Australien, der einem Jugendlichen Tabletten zur Heilung dessen Homosexualität verabreicht hat, weiter? Wie interessant ist diese Empörung über einen homophoben Vorfall aus religiösen Gründen im fernen Australien für uns hier in der Schweiz wirklich? Verändert ein muslimischer Mr. Gay und stinknormaler Däne, der im zarten Alter von zehn Jahren konvertierte, weil er damals eine Menge muslimischer Freunde hatte, wirklich meine Empörung, dass Homosexuelle in muslimischen Ländern verfolgt oder gar getötet werden?

«Empörung sei», so schreibt Rainer Hörmann weiter, «so dauerhaft, dass sie einem mitunter kaum noch auffällt». Nehmen wir also jährlich den Coming-Out-Day nur deshalb so wichtig, damit wir uns wiedermal richtig empören können? Etwa darüber, dass die Anzahl Suizidversuche unter homosexuellen Jugendlichen bedeutend höher ist als unter gleichaltrigen Heterosexuellen?