Der Ursus Club

1994 – also vor über 20 Jahren – habe ich begonnen, mich für die Gay Community zu engagieren. Ich schrieb die ersten Artikel für die damalige Zeitschrift des Ursus Club. Bald darauf wurde ich Vorstandsmitglied des Vereins, der den Club betrieb und war schlussendlich auch dabei, als die legendäre Bar und Disco an der Berner Junkerngasse verkauft wurde.

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Die Geschichte des Ursus Club begann 1964, als Homosexuelle sich im privaten Rahmen in einem Kellerraum zuunterst in der Junkerngasse in freundschaftlichem Rahmen regelmässig trafen. Der Kellerraum hatte im Krieg als Luftschutzkeller gedient, in den 1950er Jahren war es das Lokal des Jazz Clubs Hot House, wo laut Vereins-Chronik auch Louis Armstrong aufgetreten ist.

Der eigentlich Verein Ursus Club wurde 1968 gegründet, wobei jede Anspielung auf die Ausrichtung des Clubs tunlichst vermieden, vermieden werden musste. Nach den Statuten ging es kommentarlos «um die Pflege der Kameradschaft durch Zusammenkünfte und Vorträge». Gegen aussen wurde absolute Verschwiegenheit bewahrt, es gab strenge Eintrittskontrollen – die Sittenpolizei hielt ein wachsames Auge auf den Kellereingang.

Mit der Zeit begann sich zwar die gesellschaftliche Ächtung abzubauen. Aber auch nach einer Statutenrevision von 1979 blieb der Verein zurückhaltend ein «Zusammenschluss Gleichgesinnter», der keine aktive Öffentlichkeitsarbeit anstreben wollte.

Wegzuschweigen aber war die Homosexualität nicht mehr. Der Begriff «schwul» entwickelte sich vom gesellschaftlichen Schimpfwort zum selbstbewusst gewählten Ausdruck des neuen Selbstverständnisses homosexuellen Männern. Die Mitgliederzahl des Vereins stieg gegen stolze 600. 1992 wurden schliesslich sowohl die Räumlichkeiten wie der statutarische Auftrag des Clubs aus- und umgebaut: Zuletzt war der Ursus Club Bern einer der grössten Vereine schwuler Männer und setzte sich für soziale, gesellschaftliche und politische Anliegen ein.

Der Keller mit Bar und Disco an der Junkerngasse 1 wollte immer als eine Art Freiraum verstanden werden, in dem sich «Männer unterschiedlichsten Alters, aus allen möglichen Berufen und mit durchaus verschiedenen Interessen, Weltanschauungen und politischen Ansichten treffen konnten».

Nach einem grossartigen Fest zum 25. Bestehen des Clubs Ende November 1993 begann der Sinkflug der Institution Ursus Club. Die Besucher blieben aus – ein Freiraum, wie ihn der Club bot, war offensichtlich nicht mehr nötig. Das Lokal wurde verkauft und der Verein mit noch 345 Mitgliedern im Juni 1997 aufgelöst.