Körperliche Gewalt gegen LGBTIQ+ Personen ist Tatsache

Das Schweizer LGBTIQ+ Panel gibt wertvolle Einblicke in die aktuelle Situation von LGBTIQ+ Menschen in der Schweiz. Soeben wurde der Bericht des Jahres 2021 veröffentlicht – nach 2019 und 2020 der dritte Bericht dieser Art.

Das Schweizer LGBTIQ+ Panel wird von Dr. Tabea Hässler (Universität Zürich) und Dr. Léïla Eisner (Universität Lausanne) geleitet. Es handelt sich um eine Langzeitstudie, welche die Situation von LGBTIQ+ Personen in der Schweiz jährlich erfasst. Ziel der Studie ist, unser Verständnis darüber zu erweitern, wie sich LGBTIQ+ Personen in die Schweizer Gesellschaft integriert fühlen. Darüber hinaus ist es ein zentrales Anliegen zu erfassen, wie sich die Situation im Laufe der Zeit ändert. Dies ist wichtig, da wir derzeit nur sehr wenig darüber wissen, wie sich die Meinungen zu und die Zufriedenheit von LGBTIQ+ Personen im Laufe der Zeit allmählich oder als Reaktion auf aktuelle gesellschaftliche Ereignisse (z.B. Erweiterung der Rassismus-Strafnorm, Öffnung der Zivilehe für gleichgeschlechtliche Paare) ändern können.

Die Resultate der Befragungen mit über 3000 Teilnehmenden dieses Jahres in Stichworten:

  • Auch 2021 wägen LGBTIQ+ Menschen ihr Outing sorgfältig ab. So outet sich beispielsweise eine von drei Personen die einer sexuellen Minderheit angehören weder am Arbeitsplatz noch in der Universität. In der Schule verheimlichte die Hälfte der Angehörigen sexueller Minderheiten ihre Identität. Diese Zahlen waren bei den Angehörigen geschlechtlicher Minderheiten noch ausgeprägter: Mehr als zwei von drei Personen outeten sich weder in der Schule noch am Arbeitsplatz oder an der Universität.
  • Eine wertvolle Unterstützung für Angehörige sexueller und geschlechtlicher Minderheiten sind befreundete Personen und LGBTIQ+ Personen.
  • Obwohl die Covid-19-Pandemie die Zahl der Kontakte reduzierte, erlebten etwa 7 Prozent der Angehörigen sexueller Minderheiten und 15 Prozent der Angehörigen geschlechtlicher Minderheiten in den letzten Jahren körperliche Gewalt. Diese Ergebnisse zeigen, dass Hassverbrechen aufgrund der sexuellen Ausrichtung und/oder der Geschlechtsidentität von Menschen von öffentlichen Stellen systematisch erfasst werden sollten. 
  • Die LGBTIQ+ Gemeinschaft ist aufgrund der Covid-19-Pandemie mit besonderen Herausforderungen konfrontiert. LGBTIQ+ Jugendliche erhielten nicht die Unterstützung, die sie brauchten, es gab keine sicheren Räume, und bei geschlechtlichen Minderheiten wurden medizinische Behandlungen verschoben oder sogar abgebrochen.
  • Bi- und pansexuelle Menschen erfahren mehr Diskriminierung und berichten über mehr negative Gefühle wie Traurigkeit und Hilflosigkeit als homosexuelle Menschen. Ablehnung und Stereotype sowohl seitens der breiteren Gesellschaft als auch der LGBTIQ+ Community tragen zu diesen gesundheitlichen Unterschieden bei. Um diese abzubauen, sind Massnahmen zur Verbesserung der Sichtbarkeit und Einbeziehung bi- und pansexueller Menschen nötig.
  • Wie in den Vorjahren berichteten Angehörige geschlechtlicher Minderheiten über mehr Diskriminierung, weniger Unterstützung und weniger Wohlbefinden als Angehörige sexueller Minderheiten. Diese eindeutigen Ergebnisse zeigen, dass Initiativen zum Schutz der am stärksten gefährdeten Mitglieder der LGBTIQ+ Community weiterhin erforderlich sind.
  • Viele Teilnehmende waren der Meinung, dass die erleichterte Änderung des amtlichen Geschlechtseintrags ein wichtiger Schritt nach vorn war, dass aber noch viele weitere Schritte erforderlich sind. Einige Teilnehmende waren jedoch besorgt über trans Jugendliche, die in einem Umfeld aufwachsen, das sie nicht unterstützt.

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