Mehr Wissen über Suizidversuche von queeren Jugendlichen

Spannender Artikel in «spectra», der Zeitschrift über Projekte, Programme und Strategien des Bundesamts für Gesundheit BAG und seiner Partner in den Bereichen Gesundheitsförderung und Prävention. Ich lese, dass in internationalen Studien «gut» belegt wurde, dass «queere Jugendliche im Vergleich zu heterosexuellen Teenagern ein stark erhöhtes Risiko für suizidales Verhalten aufweisen». Doch wie sich der Prozess hin zum Suizidversuch gestalte und welches etwa die genauen Hintergründe und Motive sind, liege noch weitgehend im Dunkeln.

Zusammen mit der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz haben Bund und Kantone 2016 den «Aktionsplan Suizidprävention» erarbeitet – mit dem Ziel, die Anzahl Suizide bis 2030 um 25 Prozent zu senken. Dabei will das BAG gezielt auch spezifische Gruppen «in den Fokus nehmen, bei den eine erhöhte Rate an suizidalen Handlungen zu beobachten ist» – wie eben bei queeren Jugendlichen.

Andreas Pfister von der Hochschule Luzern sagt in «spectra», dass die erhöhte Zahl an Suizidversuchen nicht direkt mit der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität zusammenhänge, sondern über indirekte Faktoren wie etwa Homo- und Transphobie, Schikanen in der Schule oder fehlende Akzeptanz in der Familie zustande komme. Pfister und sein Team haben im letzten Jahr mit der finanziellen Unterstützung des BAG im Rahmen des Umsetzungsplans eine Vorstudie durchgeführt. «Denn die genauen Prozesse und Hintergründe, wie es bei diesen Jugendlichen zu Suizidversuchen kommt, sind noch weitgehend unerforscht.»

Im Rahmen dieser Vorstudie haben nun Andreas Pfister und sein Team einen Interview-Leitfaden entwickelt, den sie in Gesprächen mit zwei Betroffenen bereits getestet haben. Dabei habe sich gezeigt, dass die Prozesse, die zu einem Suizidversuch führen, vielfältig und komplex sind: «Sie hängen je nach Person in sehr unterschiedlichem Ausmass mit Belastungsfaktoren im Kontext der Geschlechtsidentität oder der sexuellen Orientierung zusammen».

Für die eigentliche Studie, die nun auf die Vorstudie folgen soll, hat das Forschungsteam einen Beirat zusammengestellt, der das Vorhaben «wohlwollend kritisch» begleiten soll. Dafür hat Andreas Pfister für die Finanzierung der Studie ein Projektgesuch beim Schweizerischen Nationalfonds eingereicht und Ende März bewilligt bekommen. Die Studie startet voraussichtlich im Oktober 2020.

Du brauchst Hilfe und möchtest mit jemandem sprechen? Die LGBT+ Helpline steht dir von Montag bis Donnerstag zwischen 19 und 21 Uhr unter der Telefonnummer 0800 133 133 kostenlos zur Verfügung.