Ein «Ja zum Schutz» hat nichts mit geschlechtsneutralen Töpfchen zu tun

Ich freue mich immer über Post. Und wenn sich noch wer über mich Sorgen macht, freut mich dies umso mehr. Wohl Sorgen um mich macht sich José. Er hat mir nämlich mitgeteilt, dass Homosexualität nicht normal sei – gegen die Natur und gegen die Gesetze Gottes.

Homosexuelles Verhalten sei ein Gräuel, stehe in der Bibel – «homosexuelle Praxis (zwischen Männern)» verdiene den Tod. Die Klammerbemerkung «zwischen Männern» steht tatsächlich so im Text von José. Was geht José wohl durch den Kopf, wenn er an «homosexuelle Praxis zwischen Frauen» denkt? Ein Schelm, wer da jetzt böses denkt …

Ich lese weiter und erfahre von José, dass Homosexualität in der Bibel eigentlich ein Nebenthema sei. Trotzdem oder deshalb sei Homosexualität aber eine psychische Störung, «die in den USA und anderswo in der Welt inzwischen erfolgreich therapiert» werde. Allerdings sind der Weltärztebund und die Weltgesundheitsorganisation da anderer Meinung und stellen klar, dass Homosexualität keine Erkrankung ist und deshalb keinerlei Heilung bedarf. Entsprechende Therapien sind unwirksam und können ernsthafte gesundheitliche Schäden zur Folge haben.

José ist sich aber auch sicher, dass «viele Menschen» gegen die Homo-Ehe sind. Diese zerstöre «unsere gesellschaftliche Struktur, Ethik und Moral» und gefährde «die Fortpflanzung der menschlichen Rasse». Aber eigentlich will José mir eigentlich bloss mitteilen: «Da dies eine Krankheit ist, braucht man die Homosexualität nicht mit einem neuen Gesetz zu tolerieren».

Gegen die Erweiterung der Rassismus-Strafnorm, über die wir am 9. Februar abstimmen werden (müssen), ist auch SVP-Nationalrat Andreas Glarner. Er schreibt er mir, dass die Erweiterung um den Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung gefährlich sei, «weil die Befürworter unter dem Deckmantel der Toleranz Andersdenkende verfolgen und mundtot machen wollen». Sollte das Stimmvolk der Anpassung des Gesetzes zustimmen, sei künftig nicht mehr erlaubt, «einen Witz oder einen Spruch über gleichgeschlechtliche oder transsexuelle Personen zu machen». So nebenbei sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass die Rassismus-Strafnorm heute bereits Personen oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion vor Hass und Diskriminierung schützt.

Und ebenso, auch da ist sich Nationalrat Glarner sicher, «können wir davon ausgehen, dass künftig auch Leistungen eingeklagt werden, welche ‹diesen› Menschen angeblich verweigert werden». Verkaufsgeschäfte, Restaurants, Schulen, Kirchen werden ihre WC-Anlagen umbauen müssen, «damit auch Menschen, welche nicht so recht wissen, ob sie Männlein oder Weiblein sein möchten oder sind, ihre Notdurft auf einem geschlechtsneutralen Töpfchen verrichten können».

Es ist wohl eine der grössten Aufgaben unserer Community, Andreas Glarner oder wie sie alle heissen, den Unterschied zwischen sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität beizubringen. Ob all die Glarners es checken? Gemäss Abstimmungsvorlage soll mit der Erweiterung der Rassismus-Strafnorm der öffentliche Aufruf zu Hass und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung strafbar werden – nicht mehr und nicht weniger. Und der Begriff «sexuelle Orientierung» ist durch die Yogyakarta-Prinzipien international anerkannt: «Unter sexueller Orientierung versteht man die Fähigkeit eines Menschen, sich emotional und sexuell intensiv zu Personen desselben (homosexuell) oder eines anderen Geschlechts (heterosexuell) oder mehr als eines Geschlechts (bisexuell) hingezogen zu fühlen und vertraute und sexuelle Beziehungen mit Ihnen zu führen».

Die heteronormative Einteilung in «Männlein» und «Weiblein» des Herrn Glarner hat also nichts mit der sexuellen Orientierung, sondern eben mit der Geschlechtsidentität zu tun. Und dass der Schutz vor Hass und Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität in der Rassismus-Strafnorm noch nicht geschützt wird, ist tatsächlich ein Fehler, der auch dringendst korrigiert werden muss.