Alles andere ist unschweizerisch

Vor einer Woche hat schwulengeschichte.ch im Zusammenhang mit der Abstimmung zur Erweiterung der Rassismus-Strafnorm einen spannenden Newsletter zur Geschichte unserer Diskriminierung veröffentlicht. Es gehe am 9. Februar an der Urne nicht um Zensur, sondern um einen Stopp von Hass und Ausgrenzung: «Dies gegenüber einer Minderheit von Mitmenschen und Mitbürgern, die ungeschützt sind, obwohl auch sie, ähnlich wie die Juden, eine lange Geschichte der Ächtung, Verfolgung, des Einkerkerns, der Folter und Hinrichtungen hinter sich haben».

Diese Geschichte begann ums Jahr 550 mit dem «codex iuris», der Gesetzessammlung des Kaisers Justinian. Darin wurde u.a. festgehalten, dass jene, deren Taten denen der «Leute von Sodom» gleich sind, auf dem Scheiterhaufen zu töten seien, wie es der Tradition entspreche. Also wurden sie schon lange zuvor verbrannt, erwiesenermassen kurz nachdem die Lehre der bisher verfolgten Christen zweihundert Jahre vor Justinian zur römischen Staatsreligion aufgestiegen war. Bis dahin handelte es sich um kirchliche Verdikte mit tödlichen Folgen. Justinian aber brachte die Ächtung «sodomitischer Taten» ins Strafgesetz. Die Verfolgung und Verurteilung war nun Sache des Staates und hatte somit viel weitergehende Konsequenzen. Und das wirkte nach bis ins späte 20. Jahrhundert, also fast 1500 Jahre lang. Die Ächtung hinterliess in allen europäischen und amerikanischen Nationen tiefe, beinahe unauslöschbare Spuren.

«Die Argumente unserer Abstimmungsgegner zeugen davon.»

Aufgrund dieser Geschichte dürfen wir bei einer Antirassismus-Strafnorm nicht vergessen, sondern müssen einbezogen werden. Das wurde nicht getan. Und das holen wir jetzt am 9. Februar an der Urne nach.

Bereits in der Präambel unserer Bundesverfassung steht klar und deutlich, dass das Schweizervolk und die Kantone «im Willen, in gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtung ihre Vielfalt in der Einheit zu leben» sich eine Verfassung geben. Achtung des Mitmenschen erlaubt keine Hassreden gegen andere. Und wenn sie dennoch getan werden, sollen die Übeltäter bestraft werden können. Denn unsere Gesellschaft und unser Staat beruhen auf Vertrauen, unsere Politik auf Konsens, nicht auf Konfrontation. Alles andere ist unschweizerisch.

«Eine Gesellschaft, die Hass nicht stoppt, untergräbt die Grundlage unseres Zusammenlebens in Frieden und Freiheit. Hassrede ist Missbrauch der Meinungsfreiheit. Denn Hass ist keine Meinung, sondern die Bereitschaft zum Zerstören.»

Danke Ernst Ostertag für diese klaren Worte im Newsletter von schwulengeschichte.ch …